Editorial AGEV im Dialog April 2025
“Keiner weiß, wie viele politische Dummheiten
aus Mangel an Geld schon verhindert worden sind.”
Charles Talleyrand

Bedeutet obiges Zitat im Umkehrschluss, dass unsere neue Regierung mit den geplanten Billionenschulden besonders viele Dummheiten anstellen wird? Bisher haben die Verhandler jedenfalls nicht den Gegenbeweis angetreten. Stattdessen werden nach altem Muster Klientelen bedient und Milliarden scheinbar zufällig in vermeintliche soziale Wohltaten (Mütterrente) und überkommene Strukturen (Agrardiesel, Umsatzsteuersubventionen, Pendlerpauschale) gesteckt. Was der Koalitionsvertrag für die Selbstständigen und Unternehmer vorsieht, erfahren Sie hier.
Die wichtigsten strategischen Themen Finanzierung der Sozialversicherungssysteme und Schutz der Biodiversität werden nicht angetastet bzw. auf die lange Bank geschoben.
Aber es ist auch nicht alles schlecht: Der Koalitionsvertrag bietet zahlreiche Chancen, wenn die richtigen Menschen an den richtigen Stellen die Stellschrauben setzen. Trotzdem wäre es nützlich für unser Land gewesen, wenn die Grünen zwei Prozentpunkte mehr bekommen hätten. Dann hätte es eine zweite Koalitionsoption gegeben und die SPD als Wahlverliererin mit ihren Konsumwünschen die CDU nicht so vor sich hertreiben können. Wie so oft wackelt in der Demokratie jetzt der Schwanz mit dem Hund.
Wie schlimm es bei schwindender Demokratie aussieht, erfahren wir schmerzhaft schnell anhand der Veränderungen in den USA durch Trump und bei seinen autokratischen Bewunderern in der Türkei, Ungarn, Slowakei, Israel, El Salvador etc., denen jedes Mittel recht ist, ihre Macht ohne Rücksicht auf ihre Bevölkerung auszubauen.
Noch nie hat ein Mensch die Welt in so kurzer Zeit um so viel ärmer gemacht als Trump seit seinem Amtsantritt. Leider hat die EU die smarte Idee verfallen lassen, auf seinen Zollirrsinn zu antworten, indem sie alle Zölle streicht. Trump weiß nämlich nicht, dass die Zollbelastung aller Importe in die EU nur 1,7 Prozent des Warenwertes, gerade einmal 6 Mrd. Euro, ausmacht. Er wäre blamiert gewesen und die Finanzmärkte wären intakt geblieben.
Wie lässt sich das demoskopische Hoch einer im Bundestag vertretenen Partei erklären, die als einzige Trump feiert und der von ihm zu ihrem Wahlerfolg gratuliert wurde? Historiker sind sich zunehmend einig, dass wir in die Zeit vor der Aufklärung zurückgefallen sind. Ihre Errungenschaften wie Menschenrechte, Freiheit und Wissenschaft, Gewaltenteilung und Bildung zählen nicht mehr, sondern das Recht des Stärkeren.
Die erschreckenden Veränderungen der Welt wären ohne den Einsatz der antisozialen Medien nicht möglich gewesen. Davon sind wir bei der AGEV schon lange überzeugt. Sie haben auch für die Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit und den Umgang in der Gesellschaft untereinander katastrophale Auswirkungen. Die Forderungen nach einem Verbot der Smartphonenutzung für Kinder und Jugendliche und nach Einschränkung der großen antisozialen Plattformen wie TikTok, X und anderen werden daher lauter. Lesen Sie dazu auch unseren Einwurf “Pro Smartphone-Pause: Warum tut sich Deutschland so schwer beim Handyverbot an Schulen?”
In der Süddeutschen Zeitung wurde anlässlich einer Reportage über die Verrohung auf dem Schulhof ein Lehrer einer Gesamtschule zitiert, der meinte: „Wenn wir die Handynutzung verbieten, müssen wir die Uhren in den Klassenzimmern austauschen, weil die Schüler deren analoge Anzeige nicht lesen können.“ In dem harmlosen Satz steckt viel von dem Desaster aus intellektueller Verkümmerung und Fixierung auf das Smartphone als Mittelpunkt des jugendlichen Lebens. Bereits Sechsjährige haben oft ohne jede Kontrolle Zugang zum Internet und zu Chatgruppen. Spätestens seit der Pandemie nutzen Eltern elektronische Geräte, um ihrer Kinder stundenlang „ruhig“ zu stellen. Sie selbst sind schlechte Vorbilder, wenn sie sich im Beisein der Kleinen immer das Smartphone vor der Nase halten und ihnen damit signalisieren, wer wirklich wichtig in ihrem Leben ist. Schulkinder dürfen stundenlang „zocken“, statt Hausaufgaben zu erledigen. Eltern bringen ihre Kinder mit dem Familien-SUV möglichst bis ins Klassenzimmer, damit ihnen nichts passiert – und drücken ihnen dann das Handy in die Hand! Viele Grundschüler können keinen Ball mehr fangen, nicht rückwärtslaufen, geschweige denn schwimmen.
„Medienkompetenz“ ist seit jeher ein Schwerpunktthema der AGEV. Es ist heute nötiger denn je, weiß
Ihr
Franz J. Grömping
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